Unsere Geschichte
Wir vom Arbeiter-Samariter-Bund legen traditionell großen Wert auf unsere Wurzeln. 1910 beginnt die spannende Geschichte des ASB in Hannover. Nur einige der engagierten Menschen und der Ereignisse können wir hier exemplarisch erwähnen. Doch es waren Tausende von Samariterinnen und Samaritern, die ein Jahrhundert aktiv mitgestalteten, wie es wechselvoller kaum hätte sein können. Ihnen verdanken wir das, was wir heute sind.
100 Jahre Arbeiter-Samariter-Bund Ortsverband Hannover-Stadt.
Wie der Arbeiter-Samariter-Bund entstand
"...ging zu ihm, verband ihm seine Wunden..."
In biblischen Zeiten waren die Samariter die Bewohner eines Königreichs, das in etwa im heutigen Westjordanland lag. Die Geschichte vom barmherzigen Samariter, die das Lukas-Evangelium in der Bibel erzählt, wird den deutschen Chirurgen Friedrich von Esmarch inspiriert haben, als er 1881 seine „Samariter-Schule“ gründete. Da tauchte der Name Samariter zum ersten Mal im Zusammenhang mit organisiertem Sanitätertum auf.
Die Anregung für seine Schule hatte von Esmarch auf einer Reise nach England bekommen. Dort war 1877 die „St. John’s Ambulance Association“ des Johanniterordens entstanden, an etlichen Orten baute man Sanitätsschulen auf und bildete freiwillige Helfer aus. Und das war auch bitter nötig. Die Industrielle Revolution hatte im 19. Jahrhundert zu einer drastischen Zunahme schlimmer Arbeitsunfälle geführt. Die Arbeitgeber und der Staat aber interessierten sich wenig dafür.
1888 setzten sechs Berliner Zimmerleute ein Zeichen gegen „... ging zu ihm, verband ihm seine Wunden ...“ die unhaltbaren Zustände. Sie organisierten den ersten „Lehrkursus über die Erste Hilfe bei Unglücksfällen“. Diese Zimmerleute waren die Gründerväter des Arbeiter-Samariter-Bundes. Die Kurse wurden zu einer regelmäßigen Einrichtung, es wurde ein Verein aus der Taufe gehoben, der ab 1896 als „Arbeiter-Samariter“ bekannt war. Im Jahr 1909 wurde in Magdeburg der Zusammenschluss der damals elf deutschen Arbeiter-Samariter-Kolonnen zum Arbeiter-Samariter-Bund unterzeichnet. Der ASB engagierte sich auch maßgeblich im Rettungsdienst, in der Kinderhilfe und anderen sozialen Projekten. Ein Jahr später, 1910, entstand die Kolonne Hannover – heutzutage sagt man Ortsverband. Es wurde ein Ortsverband, der ASB-Geschichte schreiben sollte.
1910 bis 1929
Von den Anfängen bis zum ersten Krankenwagen
Das Jahr 1910 war ein wichtiges Jahr für den Arbeiter-Samariter-Bund. Kurz zuvor in Magdeburg gegründet, konsolidierte sich der ASB als reichsweiter Verband. Organisations- und Erscheinungsform wurden vereinheitlicht, das Kennzeichen der „Arbeiter- Samariter-Kolonnen“, die aus fünf Gruppen zu je acht Helfern bestanden, wurde das weiße Kreuz auf rotem Grund. Außerdem erschien 1910 die erste eigene Zeitung, der „Arbeiter-Samariter“. Und 1910 war auch das Jahr, in dem sich in der Hauptstadt der Provinz Hannover verschiedene im Sanitätsdienst engagierte Personen zu einer „Arbeiter-Samariter-Kolonne“ zusammenfanden.
29 Gründungsmitglieder versammelten sich in Hannover. Sie alle wollten den Arbeitern und Handwerkern auch in ihrer Stadt wenigstens ein Minimum an medizinischer Versorgung und Aufklärung zukommen lassen. Auf dem nach der Versammlung aufgenommenen Foto hält das jüngste Mitglied ein Schild mit dem Motto des ASB in Händen: „An jedem Ort, zu jeder Zeit sind zur ersten Hilfe wir bereit!“ Schon der erste von den Samaritern veranstaltete Kursus in Erster Hilfe im Neustädter Gesellschaftshaus wurde von mehr als hundert Teilnehmer besucht.
Krankenpflege üben in "Justus' Garten"
Regelmäßig traf man sich danach in der Gastwirtschaft „Justus’ Garten“, um von einem Doktor Ludwig noch mehr zu lernen. Bereits nach kurzer Zeit arbeiteten nämlich neben vielen Helfern auch zehn Ärzte in der Kolonne mit. Nach zweistündigen Übungen im Verbandanlegen und in der Krankenpflege setzte man sich auch gern in den zur Ihme hin offenen Garten, trank ein Bier und genoss den Abend.
In der relativ kurzen Zeit von der Gründung des ASB bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges fand der Gedanke der Arbeiter-Samariter-Bewegung überall in Deutschland erhebliche Verbreitung. Neben den umfangreichen sozialpolitischen Aktivitäten – schon 1890, als es ihn offiziell noch gar nicht gab, trat der ASB mit einer Petition wegen der schlechten Sanitätsverhältnisse in den Betrieben an den Reichstag heran – war es die fachliche Qualität, durch die sich der ASB hervorhob. 1914 konnten die in Not befindlichen Menschen mit der Hilfe von 168 wohl ausgerüsteten und ausgebildeten Kolonnen rechnen. Nach den Wirren des Krieges wurde der ASB sofort wieder aktiv. Schon im Jahre 1919 erhob der Verband die Forderung nach einem Ministerium für Volksgesundheit- damals war das ein nachgerade revolutionäres Ansinnen. Im selben Jahr wurde, unter Berücksichtigung der engen Beziehungen zur Arbeiterbewegung, der Beschluss zur politischen Neutralität verabschiedet. Dies ersparte dem ASB jedenfalls bis zum Einsetzen des Straßenterrors der Nationalsozialisten politische Verwicklungen. In Hannover war der ASB vor allem bei der Typhusepidemie im Jahr 1926 gefordert. Die Epidemie kostete viele hundert Menschenleben. In Schulen wurden vorläufige Quarantänestationen eingerichtet, in denen man die Kranken isolierte. 128 Samariterinnen und Samariter halfen, die Kranken zu betreuen, 56 Samariter waren Tag und Nacht bei Krankentransporten im Einsatz.
Bei diesen Transporten arbeiteten immer ein Helfer der Feuerwehr als Fahrer und zwei Arbeiter-Samariter als Sanitäter zusammen. Ein Arzt sorgte dafür, dass die Patienten ordnungsgemäß befördert wurden. Für die Helfer war die Beförderung und die Pflege der Typhuserkrankten nicht ungefährlich. Ein Samariter starb an einer Typhusinfektion, die er sich beim Krankentransport zugezogen hatte.
1927 fand ein für die deutschlandweite Entwicklung des ASB wichtiges Ereignis statt: der Bau des Bundeshauses in Chemnitz. Der Wille zum gemeinsamen Handeln bekam dadurch seine äußere Gestalt. Außerdem konnte durch eine derartige Zentralisierung die Arbeit intensiviert, die Verwaltung effektiver gestaltet werden. In Hannover wurde 1928 im Rahmen einer großen Feierstunde der erste eigene Krankenwagen des ASB der Öffentlichkeit vorgestellt. Angetreten waren mehr als einhundert Helfer und Helferinnen auf dem Hof des alten Gewerkschaftshauses an der Goseriede. Der Arbeiter-Samariter-Bund hatte zu dieser Zeit noch kein eigenes Gebäude zur Verfügung. Das Fahrzeug war ein zum ZweiTragen-Wagen umgebauter FordLieferwagen. Die Tragen wurden übereinander befestigt, wie in einem Etagenbett. Das Fahrzeug war mit drei Mann besetzt, die vom ASB gestellt wurden.
1930 bis 1945
Diebstahl, Verbot, Tote: die Nazizeit
Zu Beginn der dreißiger Jahre verfinsterte sich der politische Himmel über der jungen Weimarer Republik. Die SA leistete sich immer mehr Übergriffe. Mehrere SA-Männer stürmten eines Tages einen Unterrichtsraum des hannoverschen ASB und nahmen alles mit, was nicht niet und nagelfest war, darunter einen sehr teuren Projektor, den man zu Ausbildungszwecken angeschafft hatte. Doch die materiellen Schäden waren nur die eine Seite. Straßenkämpfe zwischen der SA und den Gruppierungen der KPD wurden fast alltäglich. Das „Reichsbanner“, eine relativ kleine Saalschutzgruppe der demokratischen Parteien, versuchte, den Übergriffen besonders der SA bei eigenen Veranstaltungen zu begegnen.
Die Nazis kassierten das ASB-Vermögen.
Auch Arbeiter-Samariter wurden in diese Wirren hineingezogen: Bei einem Überfall der Nazis auf eine demokratische Veranstaltung wurden 1933 zwei hannoversche Samariter tödlich verletzt. Kurz bevor die Nationalsozialisten die Arbeiterorganisationen verboten, waren die Mitglieder des ASB Hannover zu fast gleichen Teilen Frauen und Männer. Die Gesamtmitgliederzahl belief sich auf 130 aktive Helferinnen und Helfer. Die Frauen waren für die pflegerische Seite des Sanitätsdienstes verantwortlich. Sie machten Krankenbesuche und arbeiteten freiwillig in den Hospitälern. Die Männer übernahmen Sanitätsdienste in Betrieben und bei Veranstaltungen.
Die übliche Uniform war ein normaler Straßenanzug. Zu diesem wurde eine Schirmmütze getragen, die einen weißen Bezug hatte. Den konnte man, wenn er schmutzig geworden war, einfach abnehmen und waschen. Außerdem konnte für die Uniform jede beliebige Schirmmütze verwendet werden, gleich welcher Farbe. Dazu kamen noch zwei gekreuzte Schulterriemen. An dem einen hing die Sanitätstasche mit Verbandszeug und Alkohol zum Desinfizieren. Auf der anderen Seite befand sich eine Feldflasche, in der eigentlich Wasser sein sollte. Allerdings soll die Füllung des Öfteren auch aus einer hochprozentigeren Flüssigkeit bestanden haben. Der Versuch der Nazis, den ASB gleichzuschalten, schlug allerdings kläglich fehl. In politischer Weitsicht hatte der ASB entschieden, sich durch Selbstauflösung der braunen Anmaßung zu entziehen. Die Nazis dachten sich, dass doppelt besser hält, und verboten den ASB obendrein. Das Vermögen der Organisation, die immerhin 60.000 Mitglieder umfasste, verteilt auf 1800 Kolonnen, wurde verstaatlicht.
1946 bis 1969
Neugründung, Bundessitz und große Unglücksfälle
Im Mai 1945 regten sich im zerstörten Deutschland – und hier besonders in Hannover – die ersten Bemühungen, den ASB erneut zu gründen. Wie viele der Organisationen, die aus der Arbeiterbewegung entstanden waren, wurde auch der ASB nach dem Kriege in Hannover wieder ins Leben gerufen. Zunächst lief das alles noch ziemlich provisorisch ab. Da wurde die gute Stube zum Versammlungslokal, der Kleingarten zum Übungsgelände, und so manches Bettlaken musste als Leinwand im Rahmen der Ausbildung herhalten.
Die ASB-Keimzelle nach dem Krieg: Hannover
Aber das Protokoll der Gründungsversammlung des ASB vom 23. Mai 1946 ist ein hochoffizielles Dokument: Man traf sich im Lokal Wiesemann an der Harenberger Straße in Hannover-Linden. Auf der Tagesordnung standen: „I. Gründung des Arbeiter-Samariter-Bundes Hannover. II. Einreichung zwecks Genehmigung bei der Mil.Reg. (Militärregierung). III. Aufstellung der Satzungen. IV. Wahl des Vorstandes.“ Alles wurde einstimmig gebilligt, zum 1. Vorsitzenden wählten die anwesenden 13 „Genossen“ Fritz Körner. Beginn der Sitzung war um 18 Uhr, und um 22.10 Uhr war alles erledigt. Als Zeichen des neuen Anfangs wurde das alte ASB-Zeichen geändert. In das weiße Kreuz auf rotem Grund kam das goldene „S“ für „Samariter“. Der später entstandene Bundesverband des Arbeiter-Samariter-Bundes hat in Hannover seine Wurzeln.
Die Jahre des Wiederaufbaus waren beim ASB durch eine stürmische Entwicklung gekennzeichnet. Nachdem 1952, im Vorlauf zum ersten Bundestag des ASB nach der Neugründung in Hannover, der ASB von den Bundesbehörden anerkannt worden war, begann der Verband sogleich auch offiziell seine Mitarbeit in der Flüchtlingsbetreuung und beim Bau von Krankenanstalten. 1954 konnte die neue Bundeszeitschrift zum ersten Mal herausgegeben werden. Zum ASB-Bundestag 1955 in Berlin konnte der ASB eine stolze bundesweite Bilanz ziehen. In den drei Jahren davor fanden 152.576 Hilfeleistungen, 21.121 Krankentransporte und 1265 Kurse in Erster Hilfe mit insgesamt 38.190 Teilnehmern statt. Seiner Tradition folgend, brachte der ASB zur Linderung der Folgen des Ungarn-Aufstands 1956 eine halbe Million für Hilfsgüter auf. Einer anderen Tradition folgend, nämlich der des technischen Fortschritts, setzte der ASB auch im Rettungswesen neue Standards. Bereits 1958 wurden Sprechfunkgeräte verwendet.
Bei den großen Unglücksfällen der Sechzigerjahre stand der ASB mit seinen Helfern in vorderster Linie. Bei der Sturmflut in Hamburg aktivierte der Verband sein gesamtes verfügbares Potential, und auch in Lengede, beim großen Grubenunglück, waren die Samariter helfend im Einsatz.
Anfang der Sechziger befand sich die Dienststelle der hannoverschen Samariter zwischen der Appelstraße und der heutigen Militärstraße. Die in der Nähe liegende Nordstädter Traditionsgaststätte „Kaisers“ avancierte in diesen Jahren zu einer Art Vereinslokal, da viele Samariter sich nach ihren Diensten in Ausbildung und Katastrophen-schutz auf einen Imbiss und dort einfanden. In der Falkenstraße 30 in Linden hatten der ASB-Bundesverband sowie der ASB-Landesverband Niedersachsen ihren Sitz. Bis 1964 blieb der Bundesverband in Hannover. Der ASB-Bundestag 1964 in Nürnberg beschloss, den Sitz des Bundesverbandes in die Nähe der Bundesregierung zu verlegen. Aufgrund der Schwierigkeiten, ein geeignetes Domizil in Bonn zu finden, siedelte sich der Bundesverband in Köln an. Das war für Hannover natürlich ein Rückschlag. Allerdings hatten die niedersächsischen und speziell die hannoverschen Samariter mit Kurt Partzsch, der seit 1961 Minister für Soziales und ab 1970 stellvertretender Ministerpräsident war, eine gute Lobby. Partzsch bekleidete von 1962 bis 1975 das Amt des Präsidenten des ASB-Bundesverbandes.
Die Jugendarbeit des ASB-Ortsverbands Hannover fand in den Räumlichkeiten der Falkenstraße statt, außerdem erledigte eine Sekretärin des Landesverbandes mit ein paar Bürostunden administrative Aufgaben für den bis dato ansonsten vollkommen ehrenamtlich ausgerichteten Ortsverband. Ende der sechziger Jahre suchten die hannoverschen Samariter ein neues Domizil und fanden es einige Straßen weiter in der Warstraße. Die Arbeit des Verbandes im ehemaligen Landkreisgebiet wurde zeitgleich professionalisiert, mit einer Rettungsleitzentrale in Barsinghausen.
1970 bis 1979
Von „Rolli-Bombern“, internationaler Hilfe und dem Einsatz eines gewissen Herrn Schröder
In den Beginn der Siebzigerjahre fielen einige sanitätsdienstliche Innovationen durch den Erfindergeist mehrerer junger engagierter Samariter. Unter anderem baute man einen Luxuswohnwagen zu einer „Unfall-Hilfsstelle“ aus. Diese frühe Sanitätsstation kam beim ersten hannoverschen Altstadtfest 1972 zum Einsatz. Mit einem festen Standplatz vor dem Mäntelhaus Kaiser konnten die ehrenamtlichen Schwestern und Sanitäter des ASB auch in den Folgejahren für Erste Hilfe für die Besucher sorgen. Die Unfall-Hilfsstelle wurde von einem von Samariter Hartmut Jamm organisierten und umlackierten Unimog des Bundesgrenzschutzes gezogen. Das Fahrzeug musste damals bei der „Verwertungsgesellschaft für Besatzungsgüter“ ersteigert werden. In der Folgezeit wurden vermehrt Fahrzeuge über diesen Kanal bezogen.
In Hannover wurde viel Neues ausprobiert.
Der ASB Ortsverband Hannover-Stadt spielte bei der Professionalisierung des bundesweiten ASB eine besondere Rolle. Viele technische Neuerungen konnten am Beispiel der Landeshauptstadt ausprobiert werden, weil sich Hannover statistisch – mit damals ziemlich exakt einem Prozent der (west-) deutschen Bevölkerung besonders dafür eignete. Neuartige Einsatzmöglichkeiten konnten so erschlossen werden, sei es der angemessene Einsatz der EDV, seien es Schichtsysteme im Bezug auf Spitzenzeiten oder schlicht ein ökonomisch sinnvolles Fahrzeugmodell und seine Ausstattung. Diese Entwicklung fiel übrigens mit einer erheblichen Steigerung der Mitgliederzahlen zusammen. In den Siebzigerjahren rückten die Probleme behinderter Mitbürger in den Mittelpunkt der Aktivitäten des ASB – in Hannover und bundesweit. Hatten die sozialen Dienste sich bisher im Wesentlichen auf die häusliche Pflege konzentriert, so galt nun der Mobilität das Hauptaugenmerk:
Bis zum Jahr 1977 konnten in 22 deutschen Städten Fahrdienste für Behinderte vom ASB eingerichtet werden. Die Frauen und Männer des ASB-Ortsverbands Hannover-Stadt leisteten im Behindertenfahrdienst Hervorragendes. Schon seit 1963 fuhren die Samariter mit dem von dem hannoverschen Arzt Hans-Georg Mewes gegründeten Verein Erholungshilfe e.V. ihre Klienten in den Schwarzwald. Später konnte man den Transport vereinfachen. Mit Behindertentransportkraftwagen – von den Zivildienstleistenden gern als „Rolli-Bomber“ bezeichnet – wurden die Teilnehmer zum Hauptbahnhof Hannover gebracht, wo ein Sonderzug für die meist querschnittgelähmten Reisenden bereitstand.
In späteren Jahren baute man für diese Touren jedoch Reisebusse um. Somit gestaltete sich der Urlaub für Menschen mit Behinderung noch komfortabler. Ende der Siebzigerjahre verstärkte sich bundesweit die Tendenz zur internationalen Hilfeleistung; eine planmäßige und zwischen den einzelnen Landesverbänden abgestimmte Aufbauarbeit für den Auslandseinsatz begann. Bereits 1970 halfen Samariter der notleidenden Bevölkerung in Rumänien, in Peru und in der Türkei. Die Leistungen des ASB bei der humanitären Betreuung für die Erdbebenopfer im Friaul in Italien sowie die Unterstützung für das notleidende Polen zeigten die konsequente Entwicklung dieser Sparte der Arbeit des ASB.
In Hannover konnten sich die Samariter Ende der Siebziger hinsichtlich der Räumlichkeiten verbessern. Im Juli 1977 zog der ASB – nach einer Zwischenstation in der Königsworther Straße – zusammen mit der Caritas in das Carl-Morotini-Haus am Engelbosteler Damm. Das Gebäude gehörte ehemals der Firma Appel Feinkost-AG, die ihr Stammwerk in Hannover 1975 stillgelegt hatte. Um den Bekanntheitsgrad des ASB zu erhöhen, fand im Frühjahr 1978 ein Tag der offenen Tür statt. Die Samariter, schon immer Freunde der Improvisation, lockten Besucher auf den Hof, in dem sie kurzerhand ein Fanfarenkorps von einer benachbarten Veranstaltung rekrutierten. Die Gäste konnten dann erleben, was Besucher einer Hilfsorganisation am meisten interessiert: eine Vorführung, wie bei einem Verkehrsunfall Menschen aus Autos gerettet werden.
Um endlich im Rettungswesen und bei den Krankentransporten der Stadt Hannover mitwirken zu können, gewannen die Samariter das aufstrebende Juso-Mitglied Gerhard Schröder. Schröder forderte in einer städtischen Ausschusssitzung im Jahre 1979 wortreich eine Beteiligung des ASB am Rettungsdienst. Die Legende besagt, dass der spätere niedersächsische Ministerpräsident und Bundeskanzler (und das heutige Ehrenmitglied des ASB) während der Sitzung gefragt wurde, ob er überhaupt Mitglied im ASB sei. Umgehend habe er seine Geldbörse gezückt und den anwesenden ASB-Vertretern ein Vielfaches des Jahresmitgliedsbeitrages überreicht. Damit war er Mitglied. Und die Beteiligung des ASB am Rettungsdienst wurde später auch beschlossen.
Bei der Betreuung von Großveranstaltungen ließen sich die ASB-Experten etwas Neues einfallen: Samariter Hartmut Jamm besorgte erneut ein Fahrzeug, diesmal handelte es sich um ein ganz besonderes Vehikel: einen ehemaligen Röntgenbus für die Röntgenreihenuntersuchung zur Tuberkulose-Früherkennung. Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhren vieler solcher Gefährte über Land, um die Bevölkerung systematisch zu untersuchen. In den frühen Achtzigerjahren ebbte die Welle aufgrund des Rückganges der Erkrankung ab. Das Fahrzeug konnte optimal für die samariterliche Nachnutzung eingesetzt werden. Denn: Die nun mehr demontierten Röntgengeräte hatten so viel Strom benötigt, dass man extrem kräftige Stromerzeuger eingebaut hatte. Das ließ die ASB Tüftler auf die Idee kommen, das Untersuchungsmobil in einen Küchenwagen umzubauen. Die äußerst potente „Küche auf Rädern“ kam in der Folgezeit oft zum Einsatz, so zum Beispiel bei der Aktion „saubere Eilenriede“. Hier galt es, die freiwillig Müll einsammelnden Bürger mit Erbsensuppe zu versorgen.
1980 bis 1989
Neue Heimat Petersstraße, ein Jubiläum und Fahrten durch ganz Niedersachsen
Anfang der Achtzigerjahre zog der ASB schon wieder um. Durch eine Erbschaft, die man von einer Frau Timm erhalten hatte, konnte man den Engelbosteler Damm entlang in Richtung Norden nach Hannover-Hainholz ziehen. In der dortigen Petersstraße, gleich am alten Hainhölzer Bahnhof, erwarb der Ortsverband Hannover das Gelände der Firma Gildemeister Werkzeugmaschinen. Man richtete eine Funkzentrale im so genannten Flachbau ein, um Krankentransporte und Behindertenfahrdienste besser koordinieren zu können. Das 75-jährige Jubiläum 1985 begingen die hannoverschen Samariter mit einem Festakt in der „großen Katastrophenschutzhalle“. Im Vorfeld gab es einen Tag der offenen Tür mit, wie könnte es anders sein, einer Präsentation, wie Verletzte nach einem Verkehrsunfall medizinisch versorgt werden.
Geschichte wiederholt sich doch: der erste moderne Rettungswagen
In den frühen Achtzigerjahren beschaffte der ASB auch den ersten Rettungswagen nach neuer Norm. Einen Mercedes-Benz-Kastenwagen, der alle Anforderungen des modernen Rettungswesens erfüllte. Das Fahrzeug war, wie der erste ASB-Krankentransporter von 1928, des Samariters ganzer Stolz. Seit Beginn des Fahrdienstes für Rollstuhltransporte und unqualifizierte Krankenfahrten im Jahre 1976 hatte der ASB eine Art Monopolstellung. Die Leistungen konnten direkt mit den Krankenkassen abgerechnet werden, was aus Sicht der Samariter sehr lukrativ war. Im Gegenzug verzichteten die ASBler auf eine Beteiligung im Rettungswesen der Stadt Hannover. Im Laufe der Zeit bemerkten jedoch die anderen Hilfsorganisationen um 1985, dass man durchaus mit den Fahrten, wie sie der ASB anbot, auch etwas Geld in die Kassen bringen konnte. Nach längeren Verhandlungen fiel das Monopol zuungunsten des ASB, aber im Zuge dessen forderten die Samariter nun ihre Beteiligung am Rettungsdienst ein.
Anfang bis Mitte der Achtzigerjahre konnte der ASB aufgrund der Initiative von drei Damen einen Zuwachs der Aufträge im Bereich des Behindertenfahrdienstes verbuchen, die intern als Clubfahrten bezeichnet wurden. Helga Burchardt, Ingrid Dix und Petra Perisuti hatten Seniorenclubs gegründet, die regelmäßig zu Kaffeenachmittagen zusammenkamen. Beispielsweise traf sich der Club der Samariterin Burchhardt in der Begegnungsstätte Pfarrlandstraße im Stadtteil Linden. In diese Zeit fällt ferner der Aufbau einer Kooperation mit dem Landesbildungszentrum für Blinde (LBZB) in der Bleekstraße. Das LBZB macht Bildungsangebote für Blinde aller Altersklassen, wie zum Beispiel eine Förderschule Schwerpunkt Sehen. Da nun viele Schülerinnen und Schüler nicht aus der Region Hannover kommen, bietet das LBZB die Möglichkeit an, während der Unterrichtswoche in einem Internat untergebracht zu werden. Der ASB bot seinerseits an, den Fahrdienst zu übernehmen, also die Heimfahrt sowie die Abholung zur folgenden Unterrichtswoche zu besorgen. Komplett ehrenamtlich von Vorstandsmitglied Volker Haase koordiniert, leisten die hannoverschen Samariter diesen Dienst seit den frühen Achtzigern .
Dabei fahren die Fahrzeuge des ASB Hannover durch ganz Niedersachsen. Momentan werden insgesamt zwölf Schüler befördert, wobei die weitesten Touren ins Emsland gehen. Ende der Achtziger wurden die alten Hallen in der Petersstraße zugunsten umfangreicher Neubauten abgerissen. Zunächst wurden die Maschinenhallen durch Fahrzeughallen in Leichtbauweise ersetzt. Die Verwaltung befand sich im immer noch vorhandenen sogenannten Flachbau, in dem im Sommer eine unerträgliche Hitze herrschte. Von daher planten die hannoverschen Samariter, ein neues, repräsentatives Verwaltungsgebäude zu bauen. Die Erdarbeiten gestalteten sich aber schwierig, denn die Fläche hatte einiges an Fliegerbomben im Zweiten Weltkrieg abbekommen. Die vorhandenen Krater sollen nach dem Krieg mit Beton aufgefüllt worden sein, was den ASB vor große bauliche Herausforderungen stellte.
1990 bis 1999
Hausnotruf, der Zivi Olli und die neue alte Arbeiter-Samariter-Jugend
Der neue Verwaltungssitz in der Petersstraße konnte Anfang der Neunzigerjahre fertiggestellt werden. Im Erdgeschoss wurden die Rettungswache (der ASB- Rettungsdienst war mittlerweile mit einigen Rollstunden in das Rettungswesen der Landeshauptstadt eingebunden) und die Fahrdienstzentrale untergebracht. Auch der Rettungsdienstleiter bezog hier ein Büro. In der ersten Etage saß die Verwaltung samt Buchhaltung des Ortsverbandes. Im zweiten und dritten Geschoss richteten die Samariter eine Kurzzeitpflege ein. Auch sonst bauten die Samariter ihre sozialen Dienste aus. Die Samariterin Hilke Radek initiierte in der Begegnungsstätte des Reichsbundes (heute SOVD) am Davenstedter Markt 25 ein Café für immobile Senioren und auch jüngere Menschen mit Behinderungen. Diese Veranstaltung fand mehrmals im Monat statt, mit unterschiedlichen Gästen.
… und dann kam ein besonders redseliger, fernsehsüchtiger Zivi …
Die Besucher wurden nach Stadtteilen eingeteilt, um den logistischen Aufwand zu bewältigen, die nicht gehfähigen Menschen mit den Behindertentransportwagen des ASB zum bunten Nachmittag zu bringen. Frau Radek konnte oft Künstler rekrutieren, die die Nachmittage gestalteten. Zur Weihnachtszeit wurden Lieder zum Akkordeon gesungen, was vielen Besuchern in guter Erinnerung geblieben ist. Samariterin Radek sorgte neben einem ansprechenden Rahmenprogramm auch dafür, dass das Geschäftsfeld „Hausnotruf“ bearbeitet wurde. Trotz scharfen Wettbewerbs mit den anderen Hilfsorganisationen konnte die Hausnotrufbeauftragte in kurzer Zeit 300 Teilnehmer anschließen.
Anfang der Neunziger wurde die Arbeiter-Samariter-Bund Gemeinnützige Gesellschaft für Sozialdienste und Krankentransport mbH gegründet. Aufgrund steuerrechtlicher und bilanztechnischer Erfordernisse wurde dieser Schritt in Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem ASB-Landesverband erwogen und umgesetzt. Auch im Verband gab es einige Veränderungen. So bekleidete Andre Geyer 1992 zunächst das Amt des zweiten Vorsitzenden, zwei Jahre später wurde er erster Vorsitzender des Vorstandes des ASB-Ortsverbandes Hannover-Stadt. Diese Position besetzt Samariter Geyer bis heute.
Und mit Hans-Peter Gehrmann wurde 1995 nach mehreren Wechseln an der Spitze ein neuer Geschäftsführer für gGmbH und Ortsverband gefunden. Ein prominentes Gastspiel kündigte sich 1996 an, allerdings ohne dass damals jemand davon Kenntnis nahm. Kein Wunder: Der Prominente war noch keiner, sondern Samariter auf Zeit. Er fiel aber schon damals durch sein extremes Mitteilungsbedürfnis auf. Der junge Herr leistete seinen Zivildienst beim Fahrdienst und war, wenn nicht gerade unterwegs, in der Rettungswache vorm Fernseher anzutreffen. Auf die Frage, warum er sich den ganzen Tag dieses Zeug antue, soll er erwidert haben, dass er nur schon mal seinen neuen Arbeitsplatz betrachte. Ein Rettungsdienstler hatte daraufhin gesagt: „Ja, genau, Olli, träum‘ weiter.“ Heute, wo Oliver Pocher schon so manche Late-Night- und Comedy-Sendungen moderiert hat, sind die ASBler aus Hannover eines Besseren belehrt worden. An die Tradition der späten Zwanziger und frühen Dreißiger anknüpfend, gründeten die hannoverschen Samariter eine neue Arbeiter-Samariter-Jugend.
Zu den Gründern, die heute noch aktiv sind, gehören unter anderem Katharina Dräger, Marc-Oliver Berndt und Jörn Mrusek. Die ASJ Hannover hat sich neben der Jugendgruppenarbeit auch der offenen Jugendarbeit verschrieben. So nehmen die Junior-ASBler seit Jahren an den Aktionen der Feriencard in der Landeshauptstadt Hannover teil und fahren beispielsweise mit Kindern aus Familien, die es sich finanziell nicht leisten könnten, in Vergnügungsparks.
2000 bis 2010
Ein unerwarteter Zuwachs, eine DIN-Norm und ein Tänzchen bei den Schröders
Anfang des neuen Jahrhunderts löste Michael Schulz als ASB-Geschäftsführer Hans-Peter Gehrmann ab. Und im Jahre 2002 bekamen die hannoverschen Samariter unerwartet Zuwachs. Der ASB Rettungsdienst im ehemaligen Landkreis Hannover stand vor dem Aus. Unstimmigkeiten zwischen dem dortigen ASB-Geschäftsführer und der Verwaltung sowie der Politik führten dazu, dass zum einen der ASB-Chef an eine kurzfristige Einstellung des Dienstes dachte, zum anderen die öffentlichen Stellen eine Zurücknahme der Beauftragung als Rettungsdienstleister ins Auge fassten. Nach einem turbulenten Monat, in der die Belegschaft des Rettungsdienstes zeigen konnte, dass sie gewillt war, auch trotz schon verteilter betriebsbedingter Kündigungen für ihre Jobs zu kämpfen und nebenbei eine hervorragende Notfallpatientenversorgung aufrechtzuerhalten, wurde die damals noch in Gründung befindliche ASB Rettungsdienst gGmbH an die hannoversche Gliederung angeschlossen.
Nicht nur im Notfall, immer einsetzbar
Michael Schulz war mit einem Mal Geschäftsführer und Chef von etwa 50 neuen Arbeitnehmern und verantwortlich für ein Einsatzgebiet, das auch Seelze, Pattensen, Gehrden und Barsinghausen umfasste. Die Zahl der Arbeitnehmer musste zunächst sogar noch aufgestockt werden. Es gab, unter Beteiligung des Betriebsrats und dessen Vorsitzenden Ingo Stecker und der Mitarbeiter einige Reorganisationsmaßnahmen. Und schließlich wurde der gesamte Rettungsdienst im ehemaligen Landkreis inklusive der Rettungswache Hannover nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert. Das bedeutet: Der ASB Rettungsdienst erfüllt bestimmte Normen, die beispielsweise die Qualität von Management, Aufgabenerfüllung und Kundenorientierung betreffen.
Die Samariter begrüßten neue Gäste auf ihrem Hof: Die oberen Etagen des Verwaltungsgebäudes wurden an die hannoversche AidsHilfe e.V. vermietet. Unter dem Namen „Lighthouse“ finden Frauen wie Männer mit einer HIV-Infektion oder Aids in dieser behindertengerecht gestalteten Wohngruppe Hilfe, die ihnen das alltägliche Leben vorübergehend oder dauerhaft erleichtern soll. Betreut werden die Bewohner von einer DiplomSozialpädagogin, einer pädagogischen Fachkraft und mehreren Zivildienstleistenden sowie externen Pflegekräften. Das Betreuungsangebot setzt Schwerpunkte auf psychosoziale und sozialtherapeutische Unterstützungsmaßnahmen. Ein Mietvertrag wurde zunächst auf fünf Jahre begrenzt. Der Vorstand des ASB-Ortsverbandes Hannover-Stadt verlängerte ihn jedoch später um weitere fünf Jahre. Und noch einmal gab es Kontakt zur bundesrepublikanischen Hochprominenz. Ein langjähriger und verdienter Samariter erinnerte sich anlässlich seines sechzigsten Geburtstages seiner Mitgliedschaft beim ASB in Hannover. Er benötigte nämlich einen diskreten Sanitätsdienst für sich und die geladenen Gäste. Der gewünschte Rettungswagen, mit einem männlichen (nennen wir ihn Heiko) und einem weiblichen (nennen wir sie Stefanie) Rettungsdienstler blieben im Hintergrund – beziehungsweise vor dem Eingang des Veranstaltungsorts. Stimmung und Verpflegung waren aber trotzdem gut. Zu recht fortgeschrittener Stunde suchte der Gastgeber Gerhard für sich und seine Frau Doris noch fähige Tanzpartner und wurde vor der Tür fündig. So konnten die Samariter zeigen, dass sie nicht nur im Notfall, sondern auch auf dem Parkett fit sind.
Um im Bereich „Soziale Arbeit“ ein stärkeres Profil zu gewinnen, wurde in Zusammenarbeit mit dem „Deutschen Kinderhospizverein“ in Olpe im Januar 2005 ein ambulanter Kinderhospizdienst aufgenommen. Eine solche ambulante Unterstützung für Familien mit schwerstkranken Kindern gab es in Hannover noch nicht, Geschäftsführer Michael Schulz sagte schlicht: „Dass wir auch in diesem Bereich aktiv werden, ergibt sich aus unserer Satzung.“ Schnell waren Ehrenamtliche gefunden, die zunächst einen Befähigungskurs absolvieren mussten. Diesen Kurs führte Sibylle Esenwein, heute Sibylle Schulze, in Zusammenarbeit mit externen Referenten, die von den Partnern aus Olpe benannt wurden. Nach erfolgreichem Abschluss konnten 13 Helfer ihren Dienst beginnen. Bei den Tätigkeiten handelt es sich nicht um pflegerische Aufgaben, sondern um Begleitung der Familie. Schnell wurde klar, dass es einen zweiten Befähigungskurs geben müsse, da die regelmäßige Begleitung bei 13 Familien die Ehrenamtlichen schnell auslastete. Ein dritter Befähigungskurs endete im Juli 2008 unter Leitung der Koordinatorin Margit Tobie, die die Elternzeitvertretung für Sibylle Schulze übernahm.
Der ambulante Kinderhospizdienst erlangte in kurzer Zeit einen guten Ruf und wurde von unterschiedlichsten Gönnern mit Spenden versorgt. Privatleute, der Vereinsvorstand eines Neufundländervereins, die AOK, Mitarbeiter eines Bürobedarf-Großhändlers, Gastronomen, die Hannoversche Volksbank und viele andere ließen sich von dem Angebot aus der Petersstraße überzeugen und halfen mit, den Dienst auf finanziell tragfähige Beine zu stellen.
Aber auch im Bereich der Sanitätsdienste konnten die hannoverschen Samariter auf große Ereignisse zurückblicken. Nachdem Geschäftsführer Schulz mit Ralf Schnitzmeier, im Mai 2005 Geschäftsführer von Hannover 96, einen langfristigen Vertrag über die sanitätsdienstliche Betreuung aller Heimspiele des Vereins abgeschlossen hatte, stand als Vorbereitung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 als Generalprobe der Confederations Cup vor der Tür. Hier machten die Sanitäter der Samariter die Bekanntschaft mit der mächtigen Organisation des Weltfußballs – der FIFA. Die oft unsichtbaren Kontrolleure achteten auf wirklich alles, was rund um das Spielfeld vor sich ging. Zum Beispiel mussten alle Rettungskräfte schon weit vor Einlass der Zuschauer auf ihrer Position in den Blocks der AWD-Arena ausharren. Ein Sanitäter erlaubte sich, sich kurz hinzusetzen und in einer Zeitung zu lesen – und erntete unmittelbar harsche Kritik von einem FIFAristen. Das Großereignis wurde dann genau wie die Weltmeisterschaft in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz und der Berufsfeuerwehr Hannover bedient. Doch vor der FIFA-WM wurden alle Teilnehmer mit Sicherheitsaufgaben zunächst gründlich durchleuchtet. Nach dem Akkreditierungsmarathon waren fünf Spiele in der AWD-Arena (die während der WM nicht so hieß) zu betreuen, wovon das Highlight sicherlich das letzte Spiel in Hannover, das Achtelfinale Spanien gegen Frankreich, war. Und auch hier striktes Auftreten der FIFA-Beobachter.
Wenn man am Spielfeldrand saß, war man zwar mitten im Geschehen, aber auch unter ständiger Beobachtung. Man durfte eigentlich so gut wie gar nicht den Platz verlassen und musste während des Spiels bei jedem Sturz eines Spielers in der eigenen Hälfte aufstehen und somit Alarmbereitschaft signalisieren. Obwohl es absolut verboten war, Fotos zu machen, konnte eine vorwitzige Einsatzkraft einen anderen Stadionbediensteten dazu animieren, ein Bild von vier verkrampften Samaritern in ihrem Plexiglashäuschen am Spielfeldrand zu schießen. Die wachen Augen der FIFA müssen wohl gerade woanders hingeschaut haben. Wenigstens lohnte sich das alles in der Hinsicht, dass die FIFA den hannoverschen Einsatzkräften später die beste Disziplin und die beste Arbeit attestierte.
Auch der Regelrettungsdienst durfte sich freuen. Alle vier Rettungswachen im ehemaligen Landkreis Hannover haben eine Rollstundenaufstockung bekommen, sodass nunmehr in Seelze, Gehrden, Pattensen und Barsinghausen insgesamt acht Rettungswagen, davon vier im Tagdienst, unterwegs sind. Auch die Rettungswache Hannover konnte ab 2008 zwei Rettungswagen im Zwölf-Stunden Tagdienst schicken und als Besonderheit einen 24-Stunden-Krankentransportwagen stellen. Außerdem kam es zu umfangreichen Umbautätigkeiten Ende 2007 /Anfang 2008. Der Flachbau, in der letzten Zeit als Schulungsraum genutzt, wurde im vorderen Teil zur Rettungswache umgebaut. Im hinteren Bereich wurden die Schulungsräume neu gestaltet. Zur feierlichen Einweihung gab sich neben viel ASB-Prominenz auch Oberbürgermeister Stephan Weil die Ehre. Ferner konnte Michael Schulz mit Hannover Concerts einen weiteren Partner akquirieren. Der Verhandlungspartner auf der anderen Seite kannte sich mit der Materie Sanitätsdienst aus: Geschätsführer Wolfgang Besemer war als Ersatzdienstleistender „AchtzwoHelfer“ beim ASB in den frühen Siebzigern (die „Achtzwo“ bezieht sich auf einen Paragrafen, der Hilfsdienste von bereits berufstätigen Kriegsdienstverweigerern regelte, die keinen normalen Zivildienst leisten konnten. Sie mussten eben nach Feierabend oder an freien Tagen antreten). So betreuen die Samariter seitdem Großereignisse wie Konzerte der Rolling Stones, U2 oder AC/DC. Diese Erfahrungen prädestinieren natürlich auch für Bombenräumungen, von denen Hannover noch länger etwas haben wird.
So evakuierten die Samariter aus Hannover mit befreundeten ASB Verbänden ein Altenheim am Sahlkamp bei einer der größten Bombenräumungen im Jahr 2009. Außerdem konnten die Samariter im Jahr 2008 in Neustadt am Rübenberge und in Hannover Ausschreibungen im Bereich der Schülerbeförderung zu Förderschulen für sich entscheiden. Damit wurde ein Geschäftsfeld zurückgewonnen, auf welchem der ASB längere Zeit nicht tätig war. Im Stadtteil Hainholz, zu dem auch das ASB-Gelände in der Petersstraße gehört, engagierten sich die Samariter selbstverständlich ebenfalls. Ob nun im Kultursommer, im Verein „Unternehmer für Hainholz e.V.“ oder beim „Offenen Mittagstisch Hainholz“ – oft können sich die Samariter mit Rat und Tat einbringen.